Raufutter

Richtige Fütterung scheint einfach, ist es aber nicht! Uns allen ist bewusst, dass Heu ein Grundnahrungsmittel des Pferdes ist, so wie für uns Menschen zum Beispiel das Brot. Daher ist es wichtig dieses Grundnahrungsmittel richtig zu füttern. Dazu gehören drei Kriterien:

  1. Art des Raufutters
  2. Fresszeit
  3. Qualität

1. Art des Raufutters - Heu, Heulage oder Silage? Diese Frage ist schnell zu beantworten - Heu! Aber warum? Heu unterscheidet sich von Heulage und Silage zunächst einmal durch die Art der Verarbeitung und seinen Trocknungsgrad. Heu, also getrocknetes Wiesengras, wird in Rund- oder Quaderballen gepresst und mit einem netzartigen Gewebe umwickelt. Es sollte vor Regen geschützt und luftig gelagert werden.

Heulage (Trocknungsgrad ca. 85%) und Silage (Trocknungsgrad ca. 65%) sind in Rundballen-Form gepresstes, noch nicht ganz trockenes Gras, welches in mehrere Schichten Folie eingewickelt wird. In diesem Kokon findet dann ein Gärungsprozess statt, welcher Milchsäurebakterien produziert. Was diese Milchsäurebakterien mit dem Darm unserer geliebten Vierhufer anrichten, hat Klaudia Schönberger sehr gut beschrieben und uns gestattet hier in Auszügen zu zitieren:

„Dadurch kommt es dann zur vermehrten Ansammlung dieser Milchsäurebakterien im Dünn,- und im Dickdarm des Pferdes. Dieser Anstieg verschiebt den ph-Wert in den sauren Bereich und die für das Pferd notwendigen Darmsymbionten sterben ab. Dadurch werden Toxine frei, die wiederum von der Leber abgebaut werden müssen.“ 1

Damit wird aber noch nicht genug Schaden angerichtet. Es gibt noch weitere Nebenwirkungen der Heu- und Silagefütterung.

„Die Milchsäurebakterien siedeln sich vermehrt im Darm an und verdauen die Kohlenhydrate, als Abfallprodukt entsteht jede Menge Milchsäure. Die […] Milchsäure wird im Bindegewebe eingelagert, dafür muss Wasser zurückgehalten werden […] und die Pferde schwemmen regelrecht auf – man freut sich zuerst, dass das Pferd so schön zugenommen hat, aber meistens ist es eigentlich nur eingelagerte Lymphe." 2

Die beschriebenen Prozesse führen zu Reizungen der Darmschleimhäute bis hin zu ausgewachsenen Darm-Ulcera; die entstandenen Abfallprodukte der Milchsäurebakterien belasten außerdem Leber und Nieren der Pferde. Die Folgen erleben Pferdebesitzer immer wieder: dauer-aufgegaste Pferde, wiederkehrende Koliken, anhaltendes Kotwasser, Magengeschwüre, Darmgeschwüre, chronische Darmentzündungen, oder Spätfolgen wie Ekzem, Hufrehe, KPU, etc.
Eine auf diese Art und Weise zerstörte Darmflora kann nicht wiederhergestellt, sondern nur durch eine Veränderung der Fütterung in ihrem Zustand erhalten und die Organe Darm, Leber und Niere in ihrer Arbeit unterstützt werden. – Stichwort „Entgiftung“.3

Heulage und Silage werden trotz dieser Nebenwirkungen in vielen Privat- und Pensionsställen gefüttert. Teils aus Unwissenheit, teils aus Lagerungsgründen oder unter finanziellen Gesichtspunkten. Gerne werden sie auch als Alternative zum Heu gefüttert, wenn das Pferd Heustauballergie hat oder an chronischem Husten leidet. Beim Füttern von Heulage oder Silage verbessert sich der Husten zunächst oder verschwindet sogar ganz. Ein gutes Tauschgeschäft ist es trotzdem nicht, da die Folgen der Heulage-/Silagefütterung viel schlimmer sind, obgleich sie erst Jahre später auftreten. Auch wenn es aufwendiger erscheint, sollte man dem Pferd zu Liebe auf Heulagefütterung verzichten und stattdessen das normale Heu ausreichend einweichen. Zwar hat auch das Nachteile - es gehen Nährstoffe verloren - aber diese stehen in keinem Vergleich zu den Spätfolgen von Heulage-/Silagefütterung.


2. Fresszeiten: Dieses Thema sollte selbsterklärend sein, ist es aber in vielen Ställen und bei vielen Pferdebesitzern nicht. Da wir uns an den Bedürfnissen der Pferde orientieren sollten, brauchen wir nur in Richtung der heute noch lebenden Wildpferde zu schauen - Mustangs, Carmargue-Pferde,etc. Wild lebende Pferde oder Pferdeartige nehmen etwa 16 - 18 h Nahrung täglich auf, während sie sich dabei langsam grasend fortbewegen und gelegentliche Fresspausen einlegen, z. B. zum Dösen oder Schlafen.

Der Magen von Pferden ist durch viele Millionen Jahre Evolution auf diese Fresstätigkeit ausgelegt, produziert rund um die Uhr Magensäure und ist deshalb auf regelmäßige Nahrungsaufnahme angewiesen. Unserer Raufutter-Fütterung sollten wir so gestalten, dass diesem körperlichen Bedürfnis der Pferde Rechnung getragen wird. Was bedeutet das genau?

Pferde sollten über den Tag verteilt ausreichend Heu zur Verfügung haben, damit sie auf möglichst lange Fresszeiten kommen. Heu-ad-lib (zur freien Verfügung rund um die Uhr) wäre natürlich die Idealvorstellung. Doch das gestaltet sich zuweilen schwierig, insbesondere bei Gruppenhaltung, da hier Pferde unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Rassen und mit verschiedenen Bedürfnissen aufeinander treffen. Überspitzt formuliert: Ein junges, in Arbeit stehendes Vollblut verträgt deutlich mehr Heu, als ein alter Haflinger, der gelegentlich zum Sonntagsritt benutzt wird. Doch es gibt einige Faustregeln, die man bei Heufütterung anwenden kann:

Die erste Faustregel lautet „Mindestens 1,5 kg Heu pro 100 kg Körpergewicht“ des Pferdes. Das wäre bei einem Pferd mit 500 kg also wenigstens 7,5 kg Heu am Tag. Die zweite Faustregel heißt „Das Auge füttert mit“ und bedeutet, dass man den Zustand des Pferdes stets genau beobachten sollte. Nimmt das Pferd mit dieser Menge Raufutter (+ evtl. Kraftfutter) ab, sollte man die Rationen erhöhen, um eine Gewichtserhaltung zu erreichen. Führt die berechnete Menge Heu (+ evtl. Kraftfutter) zu einer übermäßigen Zunahme des Pferdes, sollte man die Rationen verringern.

Damit Pferde ihre Rationen jedoch nicht in kurzer Zeit verschlingen und danach viele Stunden ohne Raufutter herumstehen, kann man verschiedene Wege gehen. Manche Ställe bieten einen zeitgesteuerten Zugang zum Heu an, bei dem durch technische Hilfsmittel das Heu in mehreren Portionen rationiert und über den Tag verteilt angeboten wird.

Ein anderer Weg ist die Verwendung von Heunetzen, durch deren Maschengröße von 3 cm bis 10 cm das Fresstempo der Pferde verlangsamt und die Gesamtfressdauer verlängert wird. Bei der Maschenweite empfiehlt es sich eine mittlere Größe zu wählen, denn sind die Maschen zu klein, schafft es das Pferd nicht das Heu herauszuzupfen und kommt kaum zum Fressen. Zu groß gewählte Maschen führen auf der anderen Seite dazu, dass das Heunetz praktisch wirkungslos ist. Schließlich liegt es auch noch individuell an jedem einzelnen Pferd, wie es mit Heunetzen umzugehen weiß, oder ob es körperlich noch dazu in der Lage ist, das Heu herauszuzupfen. Sogar die Art des Heus – ob grob oder fein – beeinflusst die Fressdauer mit Heunetzen.

Skeptische Stimmen kritisieren, dass Pferde beim Einsatz von Heunetzen nicht auf genügend Kauschläge pro Minuten kommen. Beobachtungen und Vergleiche zeigen allerdings, dass das mehrfache Zupfen und anschließende Kauen dem Fressverhalten der Pferde in der Natur mehr ähnelt, als die Fütterung von losem Heu, welches oft nur heruntergeschlungen wird.

Beim Anbringen oder Aufhängen von Heunetzen in Stallungen sollte man folgendes bedenken: Hängt das Heunetz zu niedrig, können Pferde eventuell mit ihren Hufen/Hufeisen darin hängenbleiben und sich verletzten. Zu hoch sollte man Netze ebenfalls nicht anbringen, da es dann der natürlichen Fresshaltung der Pferde widerspricht und schädliche Auswirkungen auf den Körper des Pferdes haben kann, z. B. Verspannungen.


Egal ob man nun Heu-ad-lib füttert, zeitgesteuerte Fressangebote bietet oder Heunetze nutzt - ein nicht zu unterschätzender Punkt ist auch der Rang eines Pferdes innerhalb seiner Herde (bei Gruppenhaltung). Je niedriger ein Pferd in der Rangfolge ist, desto weniger darf es an die Fressplätze und umso häufiger wird es verdrängt. Es bekommt sowohl von der Fresszeit als auch von der Heumenge weniger ab, als ein höhergestelltes Pferd. Daher sollte es immer mehr Fressplätze als Pferde geben.


3. Qualität: Egal ob man nun Heu, Heulage oder Silage füttert, letztere beiden nach diesem Artikel hoffentlich nicht (mehr), es ist wichtig auf die Qualität zu achten. Es darf auf keinen Fall modriges oder gar schimmliges Raufutter verfüttert werden. Deshalb sollte man sich beim Befüllen von Raufen und Netzen das Raufutter immer sehr genau anschauen und daran riechen. Ist es bräunlich, gar schwarz verfärbt oder riecht modrig, sollte man sofort den ganzen Ballen aussortieren, denn Schimmel ist schädlich für Pferde. Bei der Sicht-Kontrolle kann man außerdem darauf achten, ob im Heu giftige Pflanzen mitverarbeitet wurden, z B. Jakobs-Kreuz-Kraut (JKK) oder Herbstzeitlose.



Quellenangaben:
1 Klaudia Schönberger - https://www.two-toned.at/blog/2012/09/silage-und-heulagefuetterung-bei-pferden/
2 Klaudia Schönberger - https://www.two-toned.at/blog/2012/09/silage-und-heulagefuetterung-bei-pferden/
3 vgl. Klaudia Schönberger - https://www.two-toned.at/blog/2012/09/silage-und-heulagefuetterung-bei-pferden/

An dieser Stelle noch einmal ein Dankeschön an Klaudia Schönberger, deren Artikel wir hier in Auszügen zitieren durften. Der Originalartikel ist noch um einiges aufschlussreicher und lesenswerter.